Allgemeinverfügung zur Zulassung des Gemeingebrauchs am „Berzdorfer See“

Allgemeinverfügung

des Landkreises Görlitz zur
Zulassung des Gemeingebrauchs
am „Berzdorfer See“
Az.: 3100-02/549/2022/692.110

vom 17. August 2022

Der Landkreis Görlitz als Untere Wasserbehörde erlässt auf der Grundlage des § 1 Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12.07.2013 (SächsGVBl. S. 503) geändert worden ist, § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist und des § 25 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in der Fassung der Neuregelung durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBI. 1 S. 2585), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1237) i.V.m. § 16 Sächsisches Wassergesetz (SächsWG) vom 12. Juli 2013 (SächsGVBI. S. 503), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. Februar 2022 (SächsGVBl. S. 144) folgende Allgemeinverfügung:

§ 1 Gegenstand der Allgemeinverfügung

Gegenstand der Allgemeinverfügung ist die Zulassung des Gemeingebrauchs gemäß § 25 WHG in Verbindung mit § 16 Abs. 3 SächsWG für den Berzdorfer See mit der örtlichen Lage

Land: Freistaat Sachsen
Landkreis: Görlitz
Gemarkungen: Schönau-Berzdorf, Jauernick-Buschbach, Hagenwerder, Kunnerwitz und Deutsch-Ossig
 

DHDN / GK-5 (EPSG:31469)

ETRS89/UTM33 (EPSG:25833)

RW

HW

OST

NORD

5497283

5663752

497146.7

5661931.3

5498517

5662806

498380.2

5660985.7

5495641

5659495

495505.3

5657676.1

5494804

5660379

494668.7

5658559.7



und im Übrigen nach dem Planfeststellungsbeschluss „Berzdorfer See“ vom 15. Februar 2002, zuletzt geändert durch Planänderungsbescheid vom 11. April 2019 gemäß dem hier nach § 3 geregelten Geltungsbereich und nach Maßgabe der weiteren Regelungen soweit und solange nicht berg- oder wasserrechtliche Sanierungsmaßnahmen oder Verpflichtungen notwendig bzw. durchzuführen sind und soweit und solange der/die Eigentümer/in keine privaten Nutzungsrechte an Dritte vergeben hat.  Letztere hat der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte vor Ort sichtbar abzugrenzen.
 

§ 2 Umfang

Zugelassen wird für Jedermann der Gemeingebrauch für den in § 1 beschriebenen Berzdorfer See in den in § 3 benannten räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich, soweit nicht Rechte anderer dem entgegenstehen und soweit Befugnisse oder der Eigentümer- oder Anliegergebrauch anderer nicht beeinträchtigt werden, für
 

  1. das Baden,
  2. das Tränken,
  3. das Schöpfen mit Handgefäßen,
  4. das Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb,
  5. das Einleiten von nicht schädlich verunreinigtem Quell- und Grundwasser,
  6. das Einleiten von nicht schädlich verunreinigtem Niederschlagswasser und
  7. das Einbringen von Stoffen wie Fischereigeräten und der Fischnahrung zu Zwecken der Fischerei, der Fischzucht und der Fischhaltung.
     

§ 3 Räumlicher und zeitlicher Geltungsbereich

  1. Der räumliche Geltungsbereich des Gemeingebrauchs nach dieser Allgemeinverfügung erstreckt sich auf den in der Übersichtskarte blau dargestellten Bereich. Die Grenzen der für den Gemeingebrauch nutzbaren Wasserfläche des Berzdorfer Sees sind vor Ort mit gelben Stumpftonnen N1 bis N54 entsprechend der Koordinaten in der Übersichtskarte markiert. Die Übersichtskarte ist Bestandteil dieser Allgemeinverfügung.
     
  2. In der Hafenanlage Hafen Görlitz (Tauchritz) ist das Baden nach § 2 Buchstabe a) dieser Allgemeinverfügung nicht zugelassen. Das Hafengebiet umfasst das Hafenbecken und die Hafeneinfahrt sowie die Hafenanlagen. Die Hafeneinfahrt ist durch eine rote und eine grüne Stumpftonne gekennzeichnet. Das Hafenbecken wird durch sämtliche baulichen Anlagen begrenzt.
     
  3. Die wasserbauliche Anlage Auslaufbauwerk ist als Betriebsanlage ab den zwei Steinschüttungen (Buhnen) links und rechts am Seeauslauf für den Gemeingebrauch nicht zugelassen.
     
  4. Flächen, auf denen Röhrichte i. S. von § 30 Abs. 2 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wachsen, sind vom Gemeingebrauch ausgenommen.
     
  5. Für folgende dem Gemeingebrauch unterliegende Nutzungen gelten temporäre Begrenzungen (jahres- und tageszeitlich):
     
    • In der Zeit vom 1. November bis zum 31. März eines jeden Jahres ist das Befahren des Gewässers mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb ganztägig verboten.
       
    • In der Zeit vom 1. April bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres ist das Befahren des Gewässers mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang (Nachtfahrverbot) verboten.
       
  6. Vorrang vor der Ausübung des Gemeingebrauchs haben auch alle Maßnahmen, die aus Gründen der Sicherheit und der Gefahrenabwehr durchzuführen sind; dazu zählen auch alle notwendigen Sanierungsmaßnahmen aus geotechnischen oder bergtechnischen Gründen. Die Bergbausanierer, Eigentümer, Nutzungsberechtigten oder deren Vertreter und sonstige Dritte haben dem Landkreis Görlitz rechtzeitig vorher unter Angabe der Gründe in geeigneter Form (z. B. Textform und Karte) anzuzeigen, in welchem Zeitraum und in welchen Bereichen Arbeiten/ Maßnahmen durchgeführt werden sollen, die die Einschränkung des mit dieser Allgemeinverfügung eröffneten Gemeingebrauchs nach Satz 1 notwendig machen. Die Bergbausanierer, Eigentümer, Nutzungsberechtigten oder deren Vertreter und sonstige Dritte haben die Bereiche vor Ort, wo der Gemeingebrauch gemäß Sätze 1 und 2 einzuschränken ist,  in geeigneter Weise zu kennzeichnen und unter Angabe des Einschränkungszeitraumes zu beschildern. Für solche gekennzeichneten und beschilderten Bereiche wird der nach § 2 eröffnete Gemeingebrauch hiermit bereits vollständig für den auf den Schildern angegebenen Zeitraum aus Gründen der Ordnung, Sicherheit und Gefahrenabwehr widerrufen. Die Gemeingebrauchsnutzer können daraus keinen Anspruch auf Entschädigung ableiten.
     

§ 4 Allgemeine Regeln zum Gemeingebrauch
 

  1. Die Ausübung des Gemeingebrauchs ist nur bei Wasserständen zwischen 186,05 m NHN im DHHN2016 und 186,55 m NHN im DHHN2016 zulässig. Die Wasserstände des Berzdorfer Sees können an der Pegellatte am Seeauslauf abgelesen werden.
     
  2. Jeglicher mit dieser Allgemeinverfügung zugelassene Gemeingebrauch ist nur innerhalb der dafür zugelassenen Wasserfläche gemäß der Übersichtskarte und gemäß § 3 dieser Allgemeinverfügung zulässig.
     
  3. Die Ausübung des mit dieser Allgemeinverfügung zugelassenen Gemeingebrauchs erfolgt auf eigene Verantwortung und Gefahr der Gewässerbenutzer oder Gewässernutzer.
     
  4. Jeder, der die durch gelbe Stumpftonnen begrenzte Wasserfläche im Rahmen des zugelassenen Gemeingebrauchs benutzt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen des Einzelfalls unvermeidbar behindert oder belästigt wird. Die Gefährdung von Badenden, die Behinderung oder Beschädigung von Wasserfahrzeugen Dritter, die Beschädigung der Ufer, der natürlichen Vegetation und/oder von Anlagen in, an unter und über dem Gewässer und Beeinträchtigungen der Gewässergüte sowie der berg- und wasserrechtlichen Sanierungsarbeiten, sind verboten.
     

§ 5 Widerrufsvorhalt

Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des teilweisen oder vollständigen entschädigungslosen Widerrufs oder der Rücknahme gemäß § 1 SächsVwVfZG  i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG für den Fall, dass der Gemeingebrauch auf Dauer oder zeitweise, ganz oder teilweise wieder eingeschränkt werden muss.
 

§ 6 Auflagenvorbehalt

Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage gemäß § 1 SächsVwVfZG i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG.


§ 7 Wirksamkeit

Diese Allgemeinverfügung wird am 12. September 2022 wirksam.
 

§ 8 Sofortvollzug

Für die Regelungen nach §§ 1 bis 7 wird die sofortige Vollziehung angeordnet.


Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Landratsamt Görlitz, Bahnhofstraße 24 in 02826 Görlitz erhoben werden.



Hinweise

  1. Zusätzlich wird die Allgemeinverfügung zusammen mit der Übersichtskarte und den Koordinaten zur Übersichtskarte sowie der Begründung auf der Internetseite des Landkreises https://www.kreis-goerlitz.de veröffentlicht.
     
  2. Der Gemeingebrauch vermittelt keinen Anspruch auf die Erhaltung eines Gewässers oder seines Zustandes.
     
  3. Erläuterungen zum zugelassenen Gemeingebrauch auf dem Berzdorfer See
     
    1. Baden: Darunter fallen die Ausübung des Schwimmsports unter Verwendung der dazugehörigen Hilfsgeräte wie Schwimmringe und Schwimmwesten, Luftmatratzen sowie Schnorchel.
       
    2. Der Tauchsport ist insoweit nur Tatbestand des Gemeingebrauchs, wenn er ohne technische Ausrüstung betrieben wird. Das Tauchen mit technischen Hilfsmittelnwie Atemgeräten fällt nicht unter den Gemeingebrauch und bedarf gemäß § 5 Abs. 3 SächsWG einer gesonderten wasserrechtlichen Zulassung durch die Untere Wasserbehörde.
       
    3. Das Schwimmen im Rahmen von organisierten Sportveranstaltungen ist nicht dem Baden zuzuordnen und fällt damit nicht unter den Gemeingebrauch und bedarf gemäß § 5 Abs. 3 SächsWG einer gesonderten wasserrechtlichen Zulassung durch die zuständige Wasserbehörde. Organisierte (Schwimm-)Sportveranstaltungen sind auch schifffahrtsrechtlich als Veranstaltung zu verstehen und bedürfen deshalb der Prüfung durch die Landesdirektion Sachsen.
       
    4. Tränken: Das Tränken von Vieh ist ohne Hilfsmittel erlaubt und zwar in dem Umfang, in dem auch das Schöpfen mit Handgefäßen dem Gemeingebrauch unterfällt.
       
    5. Schöpfen mit Handgefäßen: Unter diese Tätigkeit fällt die Wasserentnahme mittels Kannen, Eimern, Kübeln etc. Größere Behältnisse, die sich nur mit mechanischer Unterstützung handhaben lassen, sind keine Handgefäße.
       
    6. Die Durchführung von organisierten Sportveranstaltungen mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb zählt nicht zum Gemeingebrauch und bedarf gemäß § 5 Abs. 3 SächsWG einer gesonderten wasserrechtlichen Zulassung durch die zuständige Wasserbehörde und ggf. einer schifffahrtsrechtlichen Zulassung durch die Landesdirektion Sachsen. Organisierte Sportveranstaltungen bedürfen einer Prüfung und ggf. einer schifffahrtsrechtlichen Zulassung durch die Landesdirektion Sachsen – Schifffahrtsbehörde.

      Die Vermietung von kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb, fällt nicht bedarf gemäß § 5 Abs. 3 SächsWG einer gesonderten wasserrechtlichen Zulassung durch die zuständige Wasserbehörde. Zusätzlich bedarf die Vermietung von kleinen Wasserfahrzeugen einer technischen Zulassung oder Erteilung eines amtlichen Kennzeichens durch die Landesdirektion Sachsen– Schifffahrtsbehörde.
       
    7. Einleiten von nicht schädlich verunreinigtem Quell- und Grundwasser: Der Begriff des Grundwassers definiert sich in § 3 WHG wie folgt: Grundwasser ist unterirdisches Wasser in der Sättigungszone. Quellwasser ist das an bestimmten Stellen an der Erdoberfläche natürlicherweise austretende Grundwasser. Nicht verändertes, natürliches Quell- und Grundwasser sind daher vom Gemeingebrauch umfasst, weil diese unschädlich eingeleitet werden.
       
    8. Einleiten von nicht schädlich verunreinigtem Niederschlagswasser: Praktisch unbelastetes Niederschlagswasser soll ohne vorherige Sammlung primär durch Versickerung bzw. Bodenpassage unmittelbar ins Grundwasser gelangen können. Dies dient auch dem Hochwasserschutz.
       
    9. Einbringen von festen Stoffen wie Fischereigeräte zu Zwecken der Fischerei: Dies sind beispielsweise Handangel, Netze, Kescher oder ähnliches. Das Einbringen von Ködern wird ebenfalls vom Gemeingebrauch erfasst. Das Einbringen von Satzfischen und Fischbrut ist fischereirechtlich zu beurteilen. Bauliche Anlagen (auch Pfähle zum Anbringen von Netzen), deren Errichtung und Betrieb, auch wenn sie der Fischerei dienen, sind nicht von dieser Regelung umfasst.
       
  4. Diese Allgemeinverfügung ergeht unbeschadet privater Rechte Dritter. Der Gewässernutzer kann keine Haftungsansprüche gegenüber der/dem Eigentümer/in des Gewässers für im Rahmen der Ausübung des Gemeingebrauchs entstandene Schäden geltend machen. Die Ausübung des eingeschränkt zugelassenen Gemeingebrauchs wird durch entgegenstehende Wasserrechte anderer bereits gesetzlich beschränkt. Wasserrechtliche Befugnisse anderer dürfen durch die Ausübung des Gemeingebrauchs nicht beeinträchtigt werden.
     
  5. Die Allgemeinverfügung berechtigt nicht zur Benutzung fremder Grundstücke und wasserbaulicher Anlagen (z. B. Stege u. a.). Der Zugang zum Gewässer hat über die öffentlichen Zuwegungen bzw. dafür zugelassene Anlagen zu erfolgen. Es sind das Privatrecht, Bergrecht, Naturschutzrecht und sonstige öffentliche Rechte sowie Rechte Dritter zu beachten.
     
  6. Auf dem Berzdorfer See gilt die Sächsische Schifffahrtsverordnung (SächsSchiffVO) einschließlich der im § 1 Abs. 2 SächsSchiffVO aufgeführten Verordnungen. Die sich daraus ergebenden Ge- und Verbote sind einzuhalten.
     
  7. Die von den Nutzungen des Gemeingebrauchs aus Gründen des Naturschutzes ausgeschlossenen Bereiche werden als solche in der Übersichtskarte ausgewiesen und gelten als Verbotsgebiete. Die durch gelbe Stumpftonnen N1 bis N54 vorgenommenen Begrenzungen dürfen von den Nutzern nicht übertreten bzw. überfahren werden. Das gilt auch für andere örtlich gekennzeichnete und beschilderte Bereiche aus Gründen entgegenstehender Rechte anderer oder der Gefahrenabwehr.
     
  8. Ordnungswidrigkeiten nach WHG, SächsWG und dieser Allgemeinverfügung können nach § 122 SächsWG mit Geldbuße geahndet werden. Die Höhe des Bußgeldes richtet sich nach den Bestimmungen des § 122 Abs. 2 SächsWG in der jeweils geltenden Fassung.
     
  9. Es obliegt den Gewässernutzern selbst, sich über den aktuellen Wasserstand im Berzdorfer See am Seeauslauf an der Pegellatte und/oder im Geoportal der LMBV mbH zu informieren (https://www.lmbv.de/service/geoportal/).



Begründung

Sachlich

Der Berzdorfer See wurde auf der Grundlage des wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses „Berzdorfer See“ vom 15. Februar 2002, zuletzt geändert durch Planänderungsbescheid vom 11. April 2019, hergestellt. Er ist ein künstliches, dauerhaftes Gewässer, dessen Gewässerbett im  Rahmen von Bergbauarbeiten künstlich entstanden ist und welches von der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) im Rahmen der Wiedernutzbarmachung der bergbaulich in Anspruch genommenen Oberfläche noch nicht abschließend hergestellt ist. Der Berzdorfer See steht aktuell unter Bergaufsicht.

Die Landesdirektion Sachsen (LDS) hat die

  • Allgemeinverfügung zur Feststellung der Fertigstellung (FdF) von Gewässerstrecken des Berzdorfer Sees gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 SächsWG Gz.: 47-4062/9/7 vom 09. August 2022 und
  • Allgemeinverfügung zur temporären Begrenzung der Nutzung des Berzdorfer Sees Gz.: DD-36-4062/46/7 vom 09. August 2022
     

mit Wirksamkeit vom 12. September 2022 erlassen. Damit sind die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Eröffnung des Gemeingebrauches erfüllt und der Landkreis Görlitz, die Untere Wasserbehörde als zuständige Behörde, führte ein Verwaltungsverfahren zur Regelung des Gemeingebrauchs durch.

Der Landkreis Görlitz räumte zum ersten Entwurf (25.10.2021) dieser Allgemeinverfügung (Plan- und Textteil) den Beteiligten mit Schreiben vom 10.11.2021 die Gelegenheit ein, sich zu äußern:
 

Beteiligte

Stellungnahmen

Landkreis Görlitz, Untere Abfall- und Bodenschutzbehörde

11.11.2021

Landkreis Görlitz, Untere Immissionsschutzbehörde

24.08.2021

Landkreis Görlitz, Untere Naturschutzbehörde

12.05.2022, 19.05.2022

Landkreis Görlitz, Amt für Kreisentwicklung

-

Große Kreisstadt Görlitz

17.03.2022

Gemeinde Schönau-Berzdorf

14.03.2022

Gemeinde Markersdorf

-

Planungsverband Berzdorfer See

03.03.2022

Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV)

28.02.2022, 17.06.2022, 11.07.2022, Beratung am 05.08.2022

Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV)

10.12.2021

Sächsisches Oberbergamt

14.03.2022

Landesdirektion Sachsen (LDS) Referat 47

03.12.2021

Landesdirektion Sachsen (LDS) Referat 36

09.12.2021

Anglerverband „Elbflorenz“ Dresden e. V. (AVE)

10.12.2021



Unter Würdigung aller Stellungnahmen wurde deutlich, dass grundsätzlich keine Einwände der Beteiligten gegen die Allgemeinverfügung bestehen. Die Untere Wasserbehörde hat diese abgewogen und in begründeten Fällen wurden Einwände in die vorliegende Allgemeinverfügung aufgenommen, insofern die Ermächtigungsgrundlagen der §§ 25 WHG, 16 Abs. 1, 3 und 4 SächsWG dies zuließen.

Im Rahmen des weiteren Verwaltungsverfahrens wurde mit dem zweiten Entwurf (29.06.2022) nochmals die LMBV aufgrund Ihrer vorgetragenen Bedenken zum ersten Entwurf beteiligt. Die LMBV äußerte sich insbesondere mit Schreiben vom 11.07.2022 und in einer Beratung am 05.08.2022 zu der beabsichtigten Allgemeinverfügung.
 

Rechtlich

Der Berzdorfer See ist ein oberirdisches, künstliches Gewässer im Sinne § 3 Nummern 1 und 4 WHG i.V.m. § 16 Abs. 3 SächsWG, da im See ganzjährig und dauerhaft Wasser steht. Zum Gewässer gehört auch das Gewässerbett, welches hier durch Bergbautätigkeiten künstlich geschaffen wurde. Rechtsgrundlagen dieser Allgemeinverfügung sind § 25 WHG in Verbindung mit § 16 SächsWG. Gemäß § 25 WHG darf jede Person oberirdische Gewässer in einer Weise und in einem Umfang benutzen, wie dies nach Landesrecht als Gemeingebrauch zulässig ist, soweit nicht Rechte anderer dem entgegenstehen und soweit Befugnisse oder der Eigentümer- oder Anliegergebrauch anderer nicht beeinträchtigt werden.

Der Berzdorfer See ist nach Anlage 2, Nummer 2 Sächsischen Wassergesetz ein schiffbares Gewässer, insofern gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 SächsWG die zuständige Wasserbehörde die Feststellung der Fertigstellung (FdF) des Gewässers zur Nutzung festgestellt hat.

lm engem Zusammenhang mit der Schiffbarkeit nach § 17 SächsWG steht auch der wasserrechtliche Gemeingebrauch nach § 25 WHG i. V. m. § 16 SächsWG, welcher u. a. auch das Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb durch Jedermann umfasst. Gemäß § 25 WHG darf jede Person oberirdische Gewässer in einer Weise und in einem Umfang benutzen, wie dies nach Landesrecht als Gemeingebrauch zulässig ist, soweit nicht Rechte anderer dem entgegenstehen und soweit Befugnisse oder der Eigentümer- oder Anliegergebrauch anderer nicht beeinträchtigt werden.

Gemäß § 16 Abs. 3 SächsWG kann die zuständige Wasserbehörde an künstlichen Gewässern den Gemeingebrauch zulassen, soweit nicht Rechte Dritter entgegenstehen. Die Zulassung ist bisher noch nicht erfolgt. Daher führte der Landkreis Görlitz, die Untere Wasserbehörde als zuständige Behörde, ein Verwaltungsverfahren zur Regelungen des Gemeingebrauchs gemäß § 25 WHG  i. V. m. § 16 SächsWG von Amts wegen durch.

Rechtsgrundlage dieser Allgemeinverfügung ist § 16 Abs. 3 SächsWG in Verbindung mit § 16 Abs. 4 SächWG. Danach kann die zuständige Wasserbehörde an künstlichen Gewässern den Gemeingebrauch zulassen, soweit nicht Rechte Dritter entgegenstehen. Sie kann den Gemeingebrauch in seinem Umfang regeln und im Einzelfall ganz ausschließen und ihn zum Wohl der Allgemeinheit, insbesondere zur Wasserversorgung, zum Hochwasserschutz, der Sicherstellung der Erholung, des Schutzes der Natur, der Erreichung der Bewirtschaftungsziele oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einschränken oder untersagen. Sie kann die Zulassung des Gemeingebrauchs von der Herstellung, Unterhaltung und Überwachung erforderlicher Einrichtungen und Anlagen abhängig machen.

Das Landratsamt des Landkreises Görlitz ist als Untere Wasserbehörde sachlich gemäß § 110 Abs. 1 sowie § 109 Abs. 1 Nr. 3 SächsWG i. V. m. der SächsWasserZuVO und örtlich aufgrund § 1 SächsVwVfZG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG für die Regelungen des § 16 Abs. 3 und 4 SächsWG zuständig.

Unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens konnte der Gemeingebrauch nach Abwägung der in § 16 Abs. 3, 4 genannten Rechtsgüter nur mit den im Tenor genannten Einschränkungen zugelassen werden. Die Bestimmungen sind erforderlich, geeignet und angemessen. Sie sollen sicherstellen, dass durch die getroffenen Regelungen dieser Allgemeinverfügung keine nachteiligen Auswirkungen auf das Gewässer und seine Beschaffenheit, auf den Wasserhaushalt, auf angrenzende Grundstücke und für das Wohl der Allgemeinheit zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erfolgen.
 

Zu § 1 Gegenstand der Allgemeinverfügung und allgemein

Zum Wohl und Schutz der Allgemeinheit, zur Abwehr und Vermeidung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie zum Schutz von Natur und Landschaft, wird der Gemeingebrauch für den Berzdorfer See gemäß § 16 Abs. 3 und 4 SächsWG geregelt.

Ein Recht auf Einräumung oder dauerhafte Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs besteht nach § 16 SächsWG nicht. Insbesondere die Sanierungsmaßnahmen der LMBV bis zum Abschluss der notwendigen Sanierungsmaßnahmen aus berg- und wasserrechtlichen Verpflichtungen haben Vorrang vor der Ausübung des Gemeingebrauchs.

Ein Teil der Wasserfläche des Berzdorfer Sees ist entsprechend § 23 BNatSchG als Naturschutzgebiet (NSG) ausgewiesen. Weitere nationale Schutzgebiete liegen nicht vor. Die Verordnung des Regierungspräsidiums Dresden zur Festsetzung des Naturschutzgebietes „Rutschung P“ vom 3. Dezember 2007 enthält zwei einschlägige Verbote für die wassergebundene Nutzung. Unter § 4 Abs. 2 Nr. 11 der Verordnung ist es u. a. insbesondere verboten, Motor- oder Wassersport zu betreiben. Gemäß Nr. 12 ist es verboten, Flächen außerhalb der Straßen und Wege zu betreten, zu befahren oder auf diesen zu reiten. Die genannten Verbote stehen demnach der Zulassung des Gemeingebrauchs auf dem Gebiet des NSG ganzjährig entgegen.

Fachliche Grundlage der naturschutzrechtlichen Bewertung bildet die durch die LMBV in Auftrag gegebene und abgenommene artenschutzrechtliche Prüfung (Artenschutzfachbeitrag – AFB, MEP Plan GmbH, 17.12.2018).

Demnach ist es aus Gründen des Natur- und Artenschutzes erforderlich, bestimmte Teile des Berzdorfer Sees dauerhaft vom Gemeingebrauch auszuschließen und dafür gemäß § 16 Abs. 3 SächsWG keine Zulassung zu erteilen sowie temporäre Beschränkungen vorzunehmen.

Grundlage für die notwendigen Beschränkungen bildet das besondere Artenschutzrecht nach § 44 ff. BNatSchG. Das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verbietet es, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören. Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Durch § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG geschützte Arten sind hier vorrangig durchziehende, überwinternde, rastende oder mausernde europäische Vogelarten. Als europäische Vogelarten gelten die in Europa natürlich vorkommenden Vogelarten im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie).

Weiterhin können Störungen von Tieren an ihren Fortpflanzungs- und Ruhestätten dazu führen, dass diese Stätten für sie nicht mehr nutzbar sind. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Damit ergibt sich eine Überschneidung der Zugriffsverbote nach Nr. 2 und 3. Alle europäischen Vogelarten sind besonders geschützt (§ 7 Abs. 2 Nr. 13 Doppelbuchstabe bb BNatSchG).

Die Verbote des besonderen Artenschutzes (sogenannte Zugriffsverbote) gelten unmittelbar und unabhängig von z. B. der Ausweisung von Schutzgebieten. Artenschutzrechtliche Verbote stellen zwingendes Recht dar, von dem nur abgewichen werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung vorliegen.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ist der unbestimmte Rechtsbegriff der lokalen Population im Sinne des lokalen Bestandes oder Vorkommens einer Art zu verstehen. Demnach umfasst eine lokale Population diejenigen (Teil-) Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen (BVerwG, Urteil vom 09.06.2010 – 9 A 20.08, NuR 2010, 870-879). Das heißt im konkreten Fall, dass die Individuenansammlungen einer Art auf dem Berzdorfer See - während bestimmter Phasen des jährlichen Zyklus‘ (z. B. Brut-, Rast-, Überwinterungs-, Mauserzeit) - als lokale Population einzuordnen sind. Diese bildet den konkreten Maßstab für die Beurteilung der Erheblichkeit von Störungen.

Der Berzdorfer See als Brut-, Rast-, Mauser-, Überwinterungs- und Schlafgewässer für verschiedenste wassergebundene Vogelarten ist  als Ruhestätte i. S. des Gesetzes einzustufen und unterliegt hinsichtlich dieser Funktion dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (fortlaufende oder extreme einmalige Störungen).

Die dauerhafte Nichtzulassung des Gemeingebrauches der im Westteil des Berzdorfer Sees gelegenen zweigeteilten Schutzzone ist zum Schutz der Brutvögel und insbesondere zum Schutz der durchziehenden, überwinternden, mausernden und nächtigenden sowie zugleich störungsempfindlichsten Vogelarten erforderlich. Im Ergebnis der artenschutzrechtlichen Prüfung (AFB) wurde eine herausragende Bedeutung des Sees als Mauser- sowie Rast- und Überwinterungsgewässer festgestellt. Diese Einschätzung basiert u. a. auf den hohen Rast- und Überwinterungszahlen für das Blässhuhn mit mehr als 8.000 Individuen (größter Überwinterungsplatz in Sachsen) und der hohen Bedeutung des Sees als Übernachtungsgewässer für nordische Gänse (bis zu 24.000 Individuen, v. a. Saat- und Blässgans, aber auch einzelne Vertreter stark gefährdeter Arten wie Kurzschnabelgans, Waldsaatgans, Zwerggans und Rothalsgans) von September bis April sowie als Schlafplatz für Lach-, Sturm- und Großmöwen (Steppen-, Mittelmeer-, Silbermöwe). Eine besondere Bedeutung kommt dem See durch die Herausbildung eines Mauserplatzes für Gänsesäger mit z. T. über 80 Exemplaren zu. In Sachsen liegt der gesamte Brutbestand lediglich bei 10-15 Brutpaaren. Die Mauserperiode erstreckt sich in etwa von Juni bis September. In diesem Zeitraum sind die Vögel aufgrund der Flugunfähigkeit besonders anfällig für Störungen. Der Berzdorfer See ist ebenfalls für den Haubentaucher ein überregional bedeutsames Mausergewässer (ca. 750 Exemplare 2017).

Der sich zunehmend entwickelnde Röhrichtbestand am Ufer bzw. in den Flachwasserzonen sorgt zudem für eine steigende Bedeutung des Sees auch als Brutgewässer. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Bruten bzw. die Brutversuche von Haubentaucher, Rothalstaucher als auch Gänsesäger zu nennen.

Im Rahmen der gutachterlichen Bewertung der Beobachtungsdaten wurde die Bedeutung der westlichen Seebereiche als Rückzugsraum bei Störungen sowie als Nahrungshabitat für zahlreiche Vogelarten belegt. Gleichzeitig konnte auch die notwendige Verbindung zwischen Nord- und Südteil der dauerhaften Sperrbereiche belegt werden. Um die Nutzbarkeit des Anlegers Klein Neundorf zu gewährleisten, wurden zwei getrennte Zonen konzipiert.

Insgesamt weist der westliche Teil des Berzdorfer Sees aufgrund der vorherrschenden Windverhältnisse und der hier vorhandenen Flachwasserzonen eine hohe Eignung als Brut-, Rast- und Nahrungsgewässer auf. Eine ganzjährige Sperrung ist daher aus den genannten Gründen erforderlich, um Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote zu vermeiden. Im Übrigen wird auf den AFB verwiesen.

Das Naturschutzrecht bietet die Möglichkeit, Ausnahmen und Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verboten unter bestimmten Voraussetzungen zu gewähren. Die Prüfung durch die Untere Naturschutzbehörde ergab, dass die Voraussetzungen hier nicht vorliegen.

Die beigefügte Übersichtskarte mit den Flächen des Gemeingebrauchs ist Bestandteil dieser Allgemeinverfügung.
 

Zu § 2 Umfang

Der Begriff des Gemeingebrauchs umfasst nach § 16 Abs. 1 SächsWG regelmäßig traditionelle und minder bedeutsame Arten der Gewässerbenutzung, deren Umfang für den Gewässerbenutzer in den Hinweisen erklärt wird. Zugelassen wird daher für Jedermann der Gemeingebrauch für den Berzdorfer See für

  1. das Baden,
     
  2. das Tränken,
     
  3. das Schöpfen mit Handgefäßen,
     
  4. das Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb,
     
  5. das Einleiten von nicht schädlich verunreinigtem Quell- und Grundwasser,
     
  6. das Einleiten von nicht schädlich verunreinigtem Niederschlagswasser und
     
  7. das Einbringen von Stoffen wie Fischereigeräten und der Fischnahrung zu Zwecken der Fischerei, der Fischzucht und der Fischhaltung.

Die Tatbestände von a) bis g) beziehen sich jeweils auf minder bedeutsame Arten der Gewässerbenutzung, die dem Wohl der Allgemeinheit, der Sicherstellung der Erholung, des Schutzes der Natur oder der Erreichung der Bewirtschaftungsziele nicht entgegenstehen und von denen keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Sie sind in ihrem Umfang gemeinverträglich und wasserwirtschaftlich unbedenklich. Es bestehen im Ergebnis nunmehr nach Feststellung der Fertigstellung keine grundlegenden Bedenken, den planerischen Vorgaben aus der Gewässerrahmenvereinbarung zur Förderung der Nutzung der Tagebaurestseen zur touristischen Nutzung, das Tagebaurestgewässer einer Freizeit- und Erholungsnutzung zuzuführen. Das unter d) geregelte Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb richtet sich nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SächsWG. Dazu zählt auch das Befahren zum Angeln durch Erlaubnisscheininhaber für den Berzdorfer See. Kleine Wasserfahrzeuge ohne maschinellen Antrieb sind insbesondere Kanus, Kajaks, Kanadier, Schlauchboote, luftgefüllte Boote (z.B. „Schlauchcanadier“) sowie alle sonstigen auf dem Wasser schwimmenden, für den See geeigneten, steuerbaren (z.B. mit Doppelpaddel manövrierbaren) Wasserfahrzeuge (vgl. Bayrischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 13.05.2022, Az.: 8 N 19.2038, 8 N 19.2037, juris (Rn. 3)).

Insbesondere e) und f) sind im Rahmen des Gemeingebrauches in ihrem geringen Umfang nicht Gegenstand negativer Veränderungen der Wasserbeschaffenheit oder schädlicher Wasserveränderungen und stehen nicht den Bewirtschaftungszielen entgegen.

Die Regelung g) bezieht sich auf feste Stoffe. Anlagen, die der Fischerei dienen, sind nicht von diesem Tatbestand umfasst. Das Einbringen hat zu Zwecken der Fischerei, also mit unmittelbarer Zweckbindung zu erfolgen und darf keine signifikanten Auswirkungen auf den Wasserabfluss haben.

Ausdrücklich nicht aufgenommen ist der Eissport. Unter dem Begriff Eissport sind alle winterlichen Freizeitsportarten zu verstehen, die auf zugefrorenen Seen betrieben werden können. Begründet ist dies mit den Stauhöhen von 186,05 bis 186,55 m NHN im DHHN2016 des Berzdorfer Sees. Damit ergibt sich eine Staulamelle in Höhe von 0,50 m. Der Zufluss zum Berzdorfer See erfolgt ungesteuert entsprechend dem vorhandenen Dargebot aus mehreren Fließgewässern. Aufgrund des schwankenden Wasserspiegels können sich Hohlräume bilden und das Eis plötzlich einbrechen. Das Betreten der Eisfläche und die Ausführung von Eissport können somit lebensgefährlich sein.

Des Weiteren ist die Untersagung des Eissports aus folgenden Gründen erforderlich: Durch die Ausübung des Eissports kann eine Störwirkung auf die Avifauna ausgehen. Die Jahreszeit, in der auf dem Berzdorfer See der Eissport möglich sein wird, fällt vollständig in den erforderlichen Zeitraum der winterlichen Sperrung des Gewässers. Der Berzdorfer See friert im Vergleich zu anderen Gewässern der Region sehr spät zu. Für Wasservögel, die andere, früher zufrierende Gewässer der Region verlassen mussten, stellt der See somit einen hervorragend geeigneten Rückzugsraum dar. Damit verbunden ist auch der Sachverhalt, dass der Berzdorfer See nur bei lang anhaltenden, strengen Frost für den Eissport nutzbar sein wird. Gerade in diesen Witterungssituationen verharren Wasservögel nach Möglichkeit regungslos auf der Wasserfläche, um ihren Energieverbrauch zu minimieren. Störungen, die zum Auffliegen der Vögel führen, sind in dieser Zeit als naturschutzfachlich besonders kritisch zu bewerten und sind bei Aufgabe des Rastgewässers als erheblich im rechtlichen Sinne einzustufen.
 

Zu § 3 Geltungsbereich
 

  1. Der in der Allgemeinverfügung bezeichnete Bereich ist deckungsgleich mit dem Bereich des Berzdorfer Sees, der für die Schifffahrt als fertiggestellt festgestellt wurde (siehe Übersichtskarte zur Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen zur Feststellung der Fertigstellung (FdF) von Gewässerstrecken des Berzdorfer Sees gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 SächsWG, Gz.: 47-4062/9/7 vom 09. August 2022. Grundlage bildet der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluss „Berzdorfer See“ vom 15. Februar 2002, zuletzt geändert durch Planänderungsbescheid vom 11. April 2019.
     
  2. Das Hafengebiet umfasst das Hafenbecken und die Hafeneinfahrt sowie die Hafenanlagen und wird insbesondere durch die Karte, die Bestandteil der bestehenden Hafenordnung des Betreibers KommWohnen Dienste GmbH ist, festgeschrieben. Die Einschränkung ist aus Gründen der Ordnung und Sicherheit und Gefahrenabwehr erforderlich, weil durch den intensiven Bootsverkehr und die Ufergestaltung der Bereich der Hafenanlage für das Baden  ungeeignet ist.
     
  3. Im Hinblick auf einen ungestörten Betrieb der Betriebsanlage und die öffentliche Sicherheit und Ordnung kann im Bereich der wasserbaulichen Anlage Auslaufbauwerk der Gemeingebrauch nicht zugelassen werden.
     
  4. Röhrichte sind durch meist hochwüchsige und artenarme Pflanzenbestände gekennzeichnete Biotope am Ufer und im Verlandungsbereich stehender oder fließender Gewässer oder auf mehr oder weniger nassen Standorten außerhalb von Gewässern. Flächen, auf denen Röhrichte i. S. von § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG wachsen, sind als gesetzlich geschützte Biotope vom Gemeingebrauch ausgenommen. Der sich zunehmend entwickelnde Röhrichtbestand am Ufer bzw. in den Flachwasserzonen sorgt am Berzdorfer See für eine steigende Bedeutung des Sees als Brutgewässer. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Bruten bzw. die Brutversuche von Haubentaucher, Rothalstaucher als auch Gänsesäger zu nennen. Diese Flächen unterliegen einer natürlichen Dynamik und können deshalb in der Übersichtskarte nicht besonders gekennzeichnet werden, sind aber vor Ort als solche sicht- und erkennbar.
     
  5. Die temporären Beschränkungen begründen sich wie folgt:
    • Der Ausschluss des Befahrens des Gewässers mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb in der Zeit vom 1. November bis zum 31. März eines jeden Jahres ist aus folgenden Gründen erforderlich:

      Aufgrund der regionalen bis z. T. überregionalen Bedeutung des Berzdorfer Sees als Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsgewässer und der bei einigen Arten sehr hohen Rastpopulation (z. B. nordische Gänse, Blässhuhn) auf der einen sowie auf der anderen Seite der sehr hohen Störempfindlichkeit verschiedenster Arten in diesem Zeitraum, sind Verletzungen der o. a. Störungsverbote durch eine Freigabe – auch nur teilweise – mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Bereits die Möglichkeit des Eintretens der Verbotstatbestände ist dabei ausreichend. (vgl. AFB Kap. 7.1.2, S. 386, Abs. 1 i. V. m. Kap. 3.2, S. 23 ff.)
       
    • Der Ausschluss des Befahrens des Gewässers mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne maschinellen Antrieb zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang in der Zeit vom 1. April bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres ist aus folgenden Gründen erforderlich:

      Die Störungen durch Nachtfahrten generell können störungserheblich wirken, so dass negative Folgen für die gesamte lokale Population einer Art möglich sind. Die Störungsempfindlichkeit der Vögel ist nachts deutlich erhöht, da sie während dieser Zeit (einschließlich Dämmerung) essenziellen Tätigkeiten nachgehen (Nahrungssuche, Schlaf, Einfall und Abflug von Nachtziehern). Bereits ein einzelnes Boot, auch geringer Größe, kann bspw. zum Abziehen der anwesenden Vögel führen. Mehrfache Störungen führen bei empfindlichen Arten zur Meidung des Gewässers. Der Tatbestand der erheblichen Störung wäre damit erfüllt.
       
  6. Mit ihrer Stellungnahme vom 17.06.2022 an die Landesdirektion Sachsen, Referat 47, konkretisierte die Eigentümerin zum jetzigen Zeitpunkt bekannte, anstehende Sanierungs-, Rest- und Nachsorgeleistungen. Die Eigentümerin hatte bereits mit Schreiben vom 28.02.2022 ihre Zustimmung davon abhängig gemacht, dass die Sanierung Vorrang vor den Folgenutzungen hat und auch der Gemeingebrauch entschädigungslos wegen absehbarer und unabsehbarer Sanierungsmaßnahmen zurücktreten muss. Es können darüber hinaus verschiedenste Maßnahmen der Eigentümer oder Nutzer oder z. B. der Kommunen notwendig werden, die aus Gründen der Sicherheit und Ordnung oder Gefahrenabwehr zur Sicherheit der Nutzer des Gemeingebrauchs oder aus Gründen Rechte anderer zeitweise oder auch länger den eröffneten Gemeingebrauch in den konkret zu kennzeichnenden Bereichen zum Widerruf Kraft Allgemeinverfügung führen. Das Anzeigeverfahren soll sicherstellen, dass die Behörde die Einschränkungen überwachen kann. Der Widerruf Kraft Allgemeinverfügung  in Verbindung mit der Kennzeichnung und Beschilderung vor Ort ermöglicht solche Einschränkungen kurzfristig und unbürokratisch bei Maßnahmen, welcher Art auch immer, die aus Gründen der Sicherheit und Gefahrenabwehr erforderlich sind.


Zu § 4 Allgemeine Regeln zum Gemeingebrauch

  1. Der planfestgestellte untere Endwasserstand des Berzdorfer Sees liegt bei 186,05 m NHN im DHHN2016, der Betriebswasserstand liegt bei 186,25 m NHN im DHHN2016 (Regelbetrieb), der obere Endwasserstand bei 186,55 m NHN im DHHN2016. Sollte der Wasserstand des Berzdorfer See aufgrund längerer Trockenperioden unter den unteren Wasserstand von 186,05 m NHN im DHHN2016 fallen, ist aus geotechnischer Sicht insbesondere aus Gründen der öffentlichen Sicherheit der Gemeingebrauch zu untersagen und jedes Betreten und Befahren der Ufer- und Wasserflächen sind verboten.

    Der obere Endwasserstand von 186,55 m NHN im DHHN2016 kann aufgrund von atypischen Zuflüssen aus dem natürlichen Einzugsgebiet des Berzdorfer Sees wie Extremniederschlags- und Extremwitterungsereignissen oder Hochwasserereignissen in den Zuflussgewässern auf einen Wasserstand von ca. 187,55 m NHN im DHHN2016 und mehr ansteigen. In diesem Zusammenhang werden die Uferbereiche, der Gewässerrandstreifen und vorhandene Anlagen landeinwärts weiter überströmt, wovon Gefahren ausgehen können. Die Strömungen im See können zunehmen. Aus wasserrechtlicher Sicht, insbesondere aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, ist der Gemeingebrauch bei Wasserständen über 186,55 m NHN im DHHN2016 zu untersagen und jedes Betreten und Befahren der Wasser- und Uferflächen sowie des Gewässerrandstreifens sind verboten.

    Daher ist die Ausübung des Gemeingebrauchs nur bei Wasserständen zwischen 186,05 m NHN im DHHN2016 und 186,55 m NHN im DHHN2016 zulässig. Die Wasserstände des Berzdorfer Sees können am Seeauslauf an der Pegellatte aktuell abgelesen werden.
     
  2. Die verschiedenen zeitlichen und räumlichen Bereiche, für die der Gemeingebrauch nicht zugelassen werden konnte sind insbesondere aus Gründen der Ordnung und Sicherheit sowie Gefahrenabwehr begründet, einschließlich der vorgenannten naturschutzrechtlichen Vorgaben.
     
  3. Der Gemeingebrauch wird von der grundsätzlichen allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art 2 Abs. 1 Grundgesetz als Ausfluss der natürlich gesetzliche anerkannten Freiheit des Einzelnen erfasst (BVerwG, Urteil v. 14.03.1957 – BVerwG I C 16.55 und BVerwG, Urteil vom 25.09.1968 – BVerwG IV C 195.65).  Die Ausübung des mit dieser Allgemeinverfügung zugelassenen Gemeingebrauchs erfolgt auf eigene Verantwortung und Gefahr der Gewässerbenutzer oder Gewässernutzer. Unter Eigenverantwortung ist die allgemeine Definition zu verstehen, nach der die Verpflichtung des Einzelnen besteht, für die Folgen seines Handelns, Tun und Unterlassen, selbst einzustehen.
     
  4. Jeder, der die durch gelbe Stumpftonnen begrenzte Wasserfläche im Rahmen des zugelassenen Gemeingebrauchs benutzt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen des Einzelfalls unvermeidbar behindert oder belästigt wird. Die Gefährdung von Badenden, die Behinderung oder Beschädigung von Wasserfahrzeugen Dritter, die Beschädigung der Ufer, der natürlichen Vegetation und/oder von Anlagen in, an unter und über dem Gewässer und Beeinträchtigungen der Gewässergüte sowie der berg- und wasserrechtlichen Sanierungsarbeiten, begründen sich mit Rücksicht auf das Eigentumsrecht und Rechte anderer, den Regeln der gegenseitigen Rücksichtnahme, in den vorgenannten naturschutzrechtlichen Vorgaben sowie aus dem Bergrecht.
     

Zu § 5 Widerrufs- und Rücknahmevorbehalt

Der Widerrufsvorbehalt beruht auf § 1 SächsVwVfZG, § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG i. V. m. § 16 Abs. 4 SächsWG. Sperrungen der zum Gemeingebrauch zugelassenen Teilwasserfläche des Berzdorfer Sees oder von Teilen dieser, sind aus geotechnischen, bergtechnischen oder wasserrechtlichen Gründen oder aus anderen Gründen der Sicherheit und der Gefahrenabwehr (Untersagung der Ausübung im Rahmen der Gefahrenabwehr) bis zur Beendigung der Bergaufsicht jederzeit und aber auch darüber hinaus möglich. Die Untere Wasserbehörde kann nach ihrem Ermessen in Abwägung der Interessen Einzelner und der Allgemeinheit den Umfang des Gemeingebrauchs regeln bzw. ganz ausschließen.
 

Zu § 6 Auflagenvorbehalt

Rechtsgrundlage des Vorbehaltes sind § 1 SächsVwVfZG, § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG. Eine nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage ohne Entschädigung wird für den Fall vorbehalten, dass nicht voraussehbare nachteilige Wirkungen auf Rechte Dritter oder auf öffentliche Schutzgüter auftreten.
 

Zu § 7 Wirksamkeit

Öffentliche Bekanntmachungen des Landkreises erfolgen gemäß § 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren über die Form der kommunalen Bekanntmachungen i. V. m. § 1 Abs. 1 der Bekanntmachungssatzung des Landkreises Görlitz im Amts- und Informationsblatt des Landratsamtes Görlitz, dem „Landkreis-Journal“ (https://www.kreis-goerlitz.de). Diese Allgemeinverfügung wird zeitgleich mit der Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen zur Feststellung der Fertigstellung (FdF) von Gewässerstrecken des Berzdorfer Sees Gz.: 47-4062/9/7 vom 09. August 2022 und der Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen zur temporären Begrenzung der Nutzung des Berzdorfer Sees Gz.: DD-36-4062/46/7 vom 09. August 2022 wirksam.
 

Zu § 8 Anordnung der sofortigen Vollziehung

Rechtsgrundlage ist § 80 Abs. 2 Ziffer 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgt im öffentlichen Interesse, im Interesse der LMBV und ggf. anderer Nutzer sowie der Ordnung und Sicherheit. Ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung würden Widerspruch und Anfechtungsklage für den Widersprechenden zu einer aufschiebenden Wirkung der Regelungen führen. Folge daraus wären Rechtsunsicherheiten durch unterschiedliche Rechtswirkungen für verschiedene Personen. Für alle Betroffenen sind aber wirksame Regelungen die Voraussetzung, um eine gefahrlose Nutzung des Gemeingebrauchs zu ermöglichen.


Gesamtlaut der Allgemeinverfügung zur Zulassung des Gemeingebrauchs am „Berzdorfer See“

Übersichtskarte mit Darstellung der für den Gemeingebrauch zugelassenen Wasserfläche, Maßstab 1: 20.000

Koordinaten