„Stillgelegte Deponien - Wertvolle Insektenlebensräume und Ersatzstandorte für Flachland-Mähwiesen und Halbtrockenrasen“ im mittleren und südlichen Landkreis Görlitz
Ausgangslage
Der Landkreis Görlitz steht in der Nachsorgepflicht einer Vielzahl stillgelegter und sanierter Deponien. Die Nachsorge umfasst beispielsweise die jährliche Unterhaltung bzw. Sicherung der Deponien mittels nachfolgender Maßnahmen:
- Deponiefläche unter besonderer Berücksichtigung der Freistellung der Messeinrichtungen mittels einschüriger Mahd
- Einschließlich Schnittgut auf geeigneten Flächen verteilen
- Kaskaden von Laub und Unrat beräumen
- Neophyten aufsuchen und wenn vorhanden auf Karte erfassen
- Mechanische Bekämpfung der Knöterichbestände
Naturschutzfachliche Würdigung
Die sanierten Deponien bergen nach derzeitigem Stand ein hohes naturschutzfachliches Potenzial, welches sich wie folgt umreißen lässt:
- Magere, flachgründige Böden bzw. Substrate sowie anteilig wärmebegünstigte Deponiehänge bewirken extreme Standortbedingungen für eine Vielzahl konkurrenzschwacher Kräuter (bspw. Vorkommen des Kleinen Klappertopf).
- Die technologisch bedingte Vielgestaltigkeit des Untergrundes bzw. des Deponiekörpers an sich erzeugen eine heterogene Ausprägungen der Vegetation und insbesondere der Krautfluren.
- Die strauch- und krautgeprägte Deponievegetation schafft horizontale und vertikale Vielgestaltigkeit.
- Die langen Randlinienstrukturen zwischen Strauch- und Krautvegetation erhöhen den ohnehin großen Strukturreichtum.
- Die sehr extensive Unterhaltung der Deponien, kaum Nutzungseinflüsse sowie keine oder kaum Frequentierung durch Menschen bewirken einen Rückzugsort für vielerlei Arten.
- Sanierte bzw. rekultivierte Deponien stellen ein Trittsteinbiotop in der weitestgehend intensiv genutzten Kulturlandschaft dar und tragen wesentlich zur Biotopvernetzung bei.
- Aufgrund dauerhaft gesicherter Eigentums- und Nutzungsverhältnisse (zumeist gesichert durch die öffentliche Hand) ist von einem Potenzial der beständigen und nachhaltigen Sicherung wertvoller Arten- und Biotopausstattung auszugehen.
Problemfeststellungen
Die momentane Nachsorge auf den Deponien einschließlich der Offenhaltungsmaßnahmen offenbaren folgende Probleme:
- partielles Aufkommen von Neophyten (Knöterich, Lupine)
- Dominanz von Problemgräsern (Reitgras)
- Ausbreitung von Nitrophyten (Brennnessel) und Ruderalisierungszeigern (Goldrute, Rainfarn)
- Wiesen stehen in räumlicher Konkurrenz zu Sträuchern
Oben genannte Probleme und Problemarten bewirken nachteilige Effekte auf die Vegetation und Grasnarbe der sanierten Deponie.
- So bildet sich durch die bisherige Mulchmahd oder durch das zu geringe Pflegemaß eine Streulage auf den Deponiekörpern aus.
- Es ist zu befürchten, dass durch Streulage, Ruderalisierung und Verbuschung kurz- bis mittelfristig ein erheblicher floristischer und faunistischer Artenverlust zu erwarten ist.
- Die Ausdunkelung durch Streu lässt unerwünschte Blößen auf dem Deponierkörper entstehen, die nicht im Sinne eines nachhaltigen Boden- und Wasserschutzes insbesondere im Bereich von Deponien sind.
- Klimawandel und vermehrt auftretende Starkregenereignisse versus extrem lange Dürreperioden bergen ggf. die Gefahr, dass eine teils ruderalisierte, geringfügig lückige Vegetation auf stark geneigten Deponiehängen sich als nicht widerstandsfähig (Resilienz) genug erweist?!
Die Ziele des Projektes und Angestrebte Ergebnisse
- das Aufkommen und die Ausbreitung von Neophyten und Ruderalisierungen durch gezielte Landschaftspflegemaßnahmen zu unterbinden;
- die Streulage und Biomasseakkumulation im Sinne einer geschlossenen, krautreichen Vegetationsnarbe zu reduzieren – ergo konkurrenzschwache Kräuter zu fördern;
- die mutmaßlich floristisch und faunistisch artenreichen Deponiewiesen durch gezielte Landschaftspflege zu fördern;
- eine dauerhafte, geschlossene Vegetationsschicht im Sinne des Boden- und Wasserschutzes zu erzielen;
- die naturschutzfachliche Bedeutsamkeit sanierter Deponien durch gezielte wissenschaftliche Erfassungen herauszustellen;
Pflege- und Entwicklungsvorschläge im Kontext durchgeführter Maßnahmen für sanierte Deponien zu formulieren, die auf viele weitere Deponien von Sachsen übertragbar sind
Projekt auf Grundlage der Förderrichtlinie Besondere Initiativen vom 23. Mai 2022 - Aufrufnummer: 1/2022